Pflegefall - finanzielle Absicherung:
Gesetzliche und private Pflegeversicherung

Pflegeversicherung: finanzielle Absicherung im Pflegefall

Pflege ist teuer. Im Durchschnitt kostet die Pflege bei Frauen insgesamt 84.000 Euro, bei Männern 42.000 Euro Euro. Die Pflegeversicherung zahlt davon im Durchschnitt gerade einemal die Hälfte (Quelle: »BARMER GEK Pflegereport 2012). Damit wird klar: Die gesetzliche Pflegeversicherung ist nur eine Teilkasoversicherung. Den Rest der Kosten müssen - in dieser Reihenfolge - der Pflegebedürftige selbst, sein Ehepartner und seine Kinder zahlen. Erst wenn ihr Einkommen und/oder Vermögen dafür nicht mehr reicht, springt das Sozialamt ein. Informieren Sie sich hier über die wichtigsten Fragen und Antworten:

Weiterführende Informationen:
Bundesministerium für Gesundheit: »Ratgeber zur Pflege
Verbraucherzentrale NRW: »Ambulante Pflege »Stationäre Pflege »Pflegeversicherung
Bund der Versicherten: »Private Pflegezusatzversicherung

Wie häufig ist Pflegebedürftigkeit?

Knapp 2,9 Millionen Menschen waren in Deutschland Ende 2015 nach Angaben des statistischen Bundesamtes pflegebedürftig. Tatsächlich dürfte die Zahl noch höher liegen, weil in der Statistik nur Personen erfasst werden, die einen Antrag auf Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung gestellt haben. Das kann auch erklären, warum im hohen Alter bei Frauen der Anteil der Pflegebedürftigen deutlich schneller ansteigt als bei Männern: Da Frauen eine höhere Lebenserwartung haben als Männer, leben sie im hohen Alter eher alleine. Sie können dann nicht von ihrem Ehepartner gepflegt werden, so dass schneller die Notwendigkeit besteht, Pflegeleistungen zu beantragen – und damit in die amtliche Pflegestatistik einzugehen. Das verdeutlicht ein Blick in die „Pflegequoten“, also den Anteil der jeweiligen Altersgruppe, der pflegebedürftig ist und Pflegeleistungen beantragt hat (siehe Tabelle).

Tabelle 1: Anteil der Pflegebedürftigen nach Altersklasse (Pflegequote in Prozent)

Altersklasse in Jahren Pflegequote insgesamt Pflegequote Männer Pflegequote Frauen
  unter 15 0,7 0,9 0,6
  16 bis 59 0,6 0,6 0,6
  60 bis 64 2,0 2,1 1,9
  65 bis 69 3,2 3,3 3,0
  70 bis 74 5,4 5,4 5,4
  75 bis 79 9,9 9,1 10,5
  80 bis 84 21,1 17,5 23,6
  85 bis 89 39,7 31,3 44,0
  90 und älter 66,1 53,3 69,9
Quelle: Pflegestatistik 2015 des Statistischen Bundesamtes

Die allermeisten Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt: Rund 48 Prozent der Pflegebedürftigen werden alleine von Angehörigen zu Hause gepflegt, weitere 25 Prozent in Zusammenarbeit mit ambulanten Pflegediensten. Nur 27 Prozent der Pflegebeürftigen werden in Heimen geplegt.

Wer kann Pflegeleistungen beantragen?

Wer pflegebedürftig ist, kann Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung beantragen. Als pflegebedürftig gelten laut Sozialgesetzbuch Menschen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Das sind Personen, die körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer – voraussichtlich für mindestens sechs Monate – und mit mindestens der in § 15 SGB XI festgelegten Schwere bestehen. Dazu gibt es eine Einteilung in fünf „Pflegegrade“. http://www.verbraucherzentrale.nrw/neue-pflegegrade

  • Pflegegrad 1 - geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 2 - erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 3 - schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 4 - schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 5 - schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung

 

Wie ist die gesetzliche Absicherung?

Um es gleich vorweg zu nehmen: Die gesetzliche Absicherung bietet nicht mehr als einen Zuschuss zu den Pflegekosten. Einen erheblichen Teil müssen der Pflegebedürftige und/oder seine Familie aus eigener Tasche finanzieren. Das gilt im übrigen für alle Menschen in Deutschland, egal ob sie in der Sozialversicherung (alle gesetzlich Krankenversicherten) oder privat (alle privat Krankenversicherten) pflegeversichert sind. Denn das Sozialgesetzbuch schreibt für die gesetzliche Pflegeversicherung den gleichen Leistungsumfang vor, egal welche Kasse bzw. Versicherung sie anbietet. Die solchermaßen regulierte private Pflegeversicherung darf also nicht verwechselt werden mit der privaten »Pflegezusatzversicherung.

Nur die Art der Zahlung unterscheidet sich: In der Sozialversicherung gilt das "Sachleistungsprinzip", d.h. die Pflegeversicherung rechnet die versicherten Leistungen direkt mit dem Pflegedienst oder Pflegeheim ab. In der privaten Versicherung gilt das "Kostenerstattungsprinzip", d.h. der Pflegebedürftige muss die Kosten für die versicherten Pflegeleistungen erst einmal vorstrecken und kann dann die Rechnung zur Erstattung bei der Versicherung einreichen. Wenn die Angehörigen die Pflege selbst übernehmen, unterscheidet sich die Art der Zahlung nicht; dann erhalten sie in beiden Fällen das "Pflegegeld" von der Versicherung.

Wie hoch die Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung ausfallen, hängt davon ab, wie stark der Pflegebedürftige beeinträchtigt ist. Bis 2016 wurden die Zahlungen an drei "Pflegestufen" gekoppelt: erhebliche Pflegebedürftigkeit, Schwerpflegebedürftigkeit und Schwerstpflegebedrüftigkeit. Diese klassischen Pflegestufen orientieren sich an körperlichen Einschränkungen. Geistige Störungen wie Demenz werden damit nicht ausreichend abgebildet. Denn insbesondere im Anfangsstadium können die Betroffenen ihre Grundpflege zwar selbst erledigen - müssen dabei aber oft betreut werden. Als "Zwischenlösungen" wurden für Pflegebedürftige mit Demenz in der häuslichen Pflege die "Pflegestufe 0" eingeführt; außerdem wurden für sie die Leistungen in den Pflegestufen 1 und 2 erhöht. Seit 2017 wird der Grad der Pflegebedürftigkeit über fünf "Pflegegrade" definiert. Entscheidend ist dabei die Frage, wie stark die Pflegebedürftigen in ihrer Selbständigkeit eingeschränkt sind - egal ob körperliche oder psychische (z.B. Demenz) Einschränkungen der Grund sind.

Tabelle 2: Monatliche Leistungen aus der Pflegeversicherung
Angaben in Euro und nach Pflegegraden

Pflegegrade Häusliche Pflege (Angehörige) Häusliche Pflege (Pflegedienst) Entlastungsbeitrag** Pflegeheim
  Pflegebedürftigkeit ohne Demenz
  Pflegegrad 1 ---* ---* 125 125
  Pflegegrad 2 316 689 125 770
  Pflegegrad 3 545 1.298 125 1.262
  Pflegegrad 4 728 1.612 125 1.775
  Pflegegrad 5 901 1.995 125 2.005
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit
* Pflegebedürftige in Pflegegrad 1 erhalten u. a. Pflegeberatung, Beratung in eigener Häuslichkeit, Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, Zuschüsse zur Verbesserung des Wohnumfeldes und - wie alle anderen Pflegebedürftigen auch - den Entlastungsbeitrag.
** Der Entlastungsbetrag dient der Entlastung der pflegenden Angehörigen. Er darf ausschließlich für Pflegesachlseitungen eingesetzt werden, die in den gesetzlichen Vorschriften vorgesehen sind: teilstationäre Pflege (Tagespflege/Nachtpflege), Kurzzeitpflege, Leistungen von zugelassenen Pflegediensten und für Angebote zur Unterstützung im Alltag.

Weiterführende Informationen:
Verbraucherzentrale NRW: »Diese Leistungen können Sie für die Pflege beantragen
Pflege.de: » Pflegegrad-Rechner

Reicht die gesetzliche Absicherung aus?
Pflegekosten

Nein, sobald die Angehörigen die Pflege nicht mehr alleine leisten können, reichen die Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht mehr aus. Ambulante Pflegedienst oder ein Pflegeheim kosten viel mehr als die Pflegeversicherung zahlt (siehe Tabelle 3 im Vergleich zu Tabelle 2). Im Durchschnitt zahlt die Pflegeversicherung nur etwa die Hälfte der Kosten. Bei einer Heimpflege in der Pflegestufe 3 muss der Pflegebedürftige sogar jeden Monat über 2.000 Euro dazuzahlen. Dabei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass bei einem Umzug ins Pflegeheim Kosten entfallen, die sonst zu Hause angefallen wären - wie zum Beispiel Verpflegung oder ggf. Miete.

Da die fünf Pflegegrade (siehe oben) erst 2017 eingeführt wurden, liegen noch keine Angaben zu den durchschnittlichen Kosten nach Pflegegraden vor. Einen guten Eindruck zu den Pflegekosten geben aber auch die Durchschnittswerte nach den früheren Pflegestufen:

  • Pflegestufe 1 - Erhebliche Pflegebedürftigkeit:
    Erhebliche Pflegebedürftigkeit liegt vor, wenn mindestens einmal täglich ein Hilfebedarf bei mindestens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen der Grundpflege (Körperpflege, Ernährung oder Mobilität) erforderlich ist. Zusätzlich muss mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt werden. Der wöchentliche Zeitaufwand muss im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten betragen, wobei auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssen.
  • Pflegestufe 2 - Schwerpflegebedürftigkeit
    Schwerpflegebedürftigkeit liegt vor, wenn mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten ein Hilfebedarf bei der Grundpflege (Körperpflege, Ernährung oder Mobilität) erforderlich ist. Zusätzlich muss mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt werden. Der wöchentliche Zeitaufwand muss im Tagesdurchschnitt mindestens drei Stunden betragen, wobei auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen.
  • Pflegestufe 3 - Schwerstpflegebedürftigkeit
    Schwerstpflegebedürftigkeit liegt vor, wenn der Hilfebedarf bei der Grundpflege so groß ist, dass er rund-um-die-Uhr, auch nachts anfällt. Zusätzlich muss die pflegebedürftige Person mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der wöchentliche Zeitaufwand muss im Tagesdurchschnitt mindestens fünf Stunden betragen, wobei auf die Grundpflege (Körperpflege, Ernährung oder Mobilität) mindestens vier Stunden entfallen müssen.

Tabelle 2: Monatliche Pflegekosten nach Pflegestufen in Euro

Pflegestufe Häusliche Pflege Pflege im Heim
  Pflegestufe 1 900 2.100
  Pflegestufe 2 1.200 2.800
  Pflegestufe 3 3.200 3.700
Quelle: Bund der Versicherten

Ob, in welcher Höhe und für welche Pflegestufen (bis 2016) bzw. Pflegegrade (ab 2017) eine zusätzliche private Pflegeversicherung sinnvoll ist, lässt sich aber nicht pauschal sagen. Je nach persönlicher Situation besteht kann möglicherweise die "Pflegelücke" ganz oder teilweise auch mit anderen Mitteln geschlossen werden:

  • Zahlungen aus gesetzlicher Rentenversicherung und/oder Unfallversicherung
  • Zahlungen aus betrieblicher Altersversorgung
  • Zahlungen aus privater Berufsunfähigkeits- und/oder Unfallversicherung
  • Zinserträge
  • Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung
  • Mittel aus der Auflösung von Vermögen

Welche private Absicherung gibt es?
Pflegezusatzversicherungen

Um die „Pflegelücke“ abzudecken, werden verschiedene Versicherungsvarianten angeboten. Verbraucherschützer empfehlen dazu Pflegetagegeldversicherungen oder Pflegekostenversicherungen.

  • Pflegetagegeldversicherungen
    Die Pflegetagegeldversicherung zahlt im Pflegefall pro Tag den vereinbarten Eurobetrag – unabhängig von den tatsächlichen Pflegekosten. Vorteil: Es gibt keinerlei Einschränkung für die Verwendung des Geldes. Deswegen ist auch eine bürokratische Abrechnung nicht nötig. Nachteil: Der Eurobetrag ist fest. Es gibt keinen Inflationsausgleich bzw. keine Anpassung an steigende Pflegekosten. Das muss beim Vertragsabschluss bedacht werden. Denn ein Pflegetagegeld, das heute die Pflegelücke vollständig abdeckt, reicht in zehn oder zwanzig Jahren nur noch für einen Teil davon aus.
  • Pflegekostenversicherungen
    Die Pflegekostenversicherung erstattet entweder die Restkosten, die nach Abzug der Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung übrig bleiben, bis zu einem bestimmten Höchstbetrag. Oder sie übernimmt einen bestimmten Prozentsatz dieser Restkosten (unter Umständen gilt auch hier eine Deckelung, d.h. die Zahlung darf einen bestimmten Betrag nicht übersteigen). Vorteil: Wenn die Pflegekosten steigen, steigen auch die Leistungen aus der privaten Pflegekostenversicherung – solange der Höchstbetrag noch nicht erreicht ist oder eine prozentuale Erstattung ohne Deckelung gewählt wurde. Nachteil: Erstattet werden nur die tatsächlich entstandenen, durch Rechnung nachgewiesenen Kosten. Das kann viel bürokratischen Aufwand bedeuten. Außerdem werden nur Pflegeleistungen in Heimen oder durch private Pflegedienste erstattet. Für die Pflege durch Angehörige oder Freunde zahlt die Pflegekostenversicherung nichts.

Darüber hinaus bietet die Versicherungswirtschaft noch Pflegerentenversicherungen an. Dabei handelt es sich – ähnlich wie bei der Kapitallebensversicherung – um eine Koppelprodukt, das einen Sparvertrag mit einer Risikoversicherung (in diesem Fall: Leistung im Todesfall, bei Pflegebedürftigkeit oder ab dem Erreichen eines hohen Lebensalters ) kombiniert. Verbraucherschützer stufen diese Versicherungen als intransparent und teuer ein und raten davon ab. Auch von selbständigen Pflegerentenversicherungen bzw. Pflegerenten-Risikoversicherungen raten sie ab. Diese umfassen zwar im Gegensatz zu den Pflegerentenversicherungen keinen Sparvertrag, gelten aber dennoch als teuer.

Weiterführende Informationen:
Bund der Versicherten: »Infoblatt Private Pflegezusatzversicherung


Weitere Informationen zur finanziellen Absicherung:

Berufsunfähigkeit

Finanzielle Absicherung bei Berufsunfähigkeit

Todesfall

Finanzielle Absicherung der Hinterbliebenen im Todesfall

Arbeitsunfähigkeit

Finanzielle Absicherung bei Arbeitsunfähigkeit