Riester-Rente: Staatliche Förderung

Riester-Rente: Staatliche Förderung

"Pro Jahr über 1.200 Euro Zulagen-Förderung*." So verlockend das auch klingt – bei der Entscheidung für oder gegen eine Riester-Rente helfen solche Werbesprüche nicht weiter. Abgesehen davon, dass sie nur unter bestimmten Voraussetzungen* gelten: Bei der Riester-Förderung handelt es sich faktisch zu einem großen Teil um einen Kredit des Staates - der im Rentenalter in Form von Steuern wieder zurückgezahlt werden muss.

*Zulagen von insgesamt 1.250 Euro pro Jahr werden seit 01.01.2018 gezahlt, wenn a) es sich um eine eine fünfköpfige Familie handelt, b) alle drei Kinder erst ab 2008 geboren wurden, c) alle Kinder noch kindergeldberechtigt sind, d) die für die Höchstförderung benötigten Riester-Beiträge gezahlt wurden, e) die Zulagenanträge korrekt gestellt und f) bei jeder Änderung der Einkommens- und Familienverhältnisse angepasst wurden.

Grund- und Kinderzulagen, Sonderausgabenabzug bei der Besteuerung

Normalerweise wird die Riester-Förderung so beschrieben: Der Staat zahlt den Riester-Sparern über die "Riester-Zulagen" jährliche Zuschüsse. Jeder Erwachsene bekommt eine "Grundzulage" von 175 Euro Jahr. Zusätzlich gibt es "Kinderzulagen". Die Kinderzulage beträgt 300 Euro pro Kind und Jahr für Kinder, die ab 2008 geboren sind. Für davor geborene Kinder beträgt die Kinderzulage 185 Euro pro Jahr. Ergänzend kann man in der Steuererklärung die Riester-Beiträge als Sonderausgaben angeben. Das Finanzamt prüft dann, wie viel Geld man zurückbekäme, wenn man die Riester-Beiträge per Sonderausgabenabzug von der Steuer absetzen würde. Wenn die Steuerrückerstattung größer ausfallen würde als die Zulagen, wird die Differenz mit dem Steuerbescheid gutgeschrieben.

Das stimmt zwar, verstellt aber den Blick auf die Wirkungsweie der Riester-Förderung. Drehen wir den Spieß um, wird der Kern der Riester-Förderung einfacher zu verstehen: Alle Riester-Beiträge können als Sonderausgaben von der Steuer abgesetzt werden (Geringverdiener und gegebenenfalls Riester-Sparer mit Kindern erhalten über die Zulagen in der Ansparphase eine höhere Förderung). Dafür müssen alle Rentenzahlungen, die Riester-Sparer im Ruhestand erhalten, versteuert werden. Da die relevanten Steuersätze, die „Grenzsteuersätze“, umso höher ausfallen, je höher das Einkommen ist, ergibt sich durch diese Verschiebung der Besteuerung aus der Erwerbsphase (= höheres Einkommen) in die Ruhestandsphase (= niedrigeres Einkommen) in der Regel tatsächlich eine echte Förderung.

Für wen lohnt sich die Riester-Förderung?

Für Mittel- bis Besserverdiener besteht die staatliche Förderung also in der Verschiebung der Steuerlast von der Erwerbsphase in die Ruhestandsphase (es sei denn, sie haben zwei oder mehr Kinder: insbesondere, wenn diese ab 2008 geboren sind, erhöhen die Zulagen die Förderung). Sie nennt sich daher auch „nachgelagerte Besteuerung“. Genau derselbe Fördereffekt ergibt sich aber auch bei allen anderen „nachgelagert“ besteuerten Vorsorgeformen, bei denen die Beiträge von der Steuer abgesetzt werden können und dafür später die Rentenzahlungen versteuert werden müssen. Was die (steuerliche) staatliche Förderung angeht, sind daher bei höheren Einkommen Riester-Renten vergleichbar mit der selbst bezahlten Altersvorsorge über den Betrieb, der "arbeitnehmerfinanzierten betriebliche Altersvorsorge". Was die Kosten angeht, schneiden Riester-Renten dagegen in der Regel schlechter ab.

Anders sieht es für Geringverdiener aus - und für Riester-Sparer mit zwei oder mehr Kindern. Da für sie geringere (Grenz-) Steuersätze gelten oder die Kinderzulagen je nach Geburtsjahr besonders hoch ausfallen, ist die Zulagenförderung höher als eine reine Förderung durch steuerliche Absetzbarkeit. In diesen Fällen ist staatliche Förderung bei Riester-Renten also als höher als der arbeitnehmerfinanzierten betrieblichen Altersvorsorge. Bis zu welchem Einkommen das der Fall ist, hängt von der Anzahl und vom Geburtsjahr der Kinder ab, wie die Tabelle unten am Beispiel er Riester-Förderung bis Ende 2017 zeigt. Wenn die Förderung der Riester-Renten deutlich höher ausfällt, als bei anderen geförderten Vorsorgeformen, können auch die meist höheren Kosten der Riester-Rente in Kauf genommen werden. Dann kommt eine Riester-Rente als Altersvorsorge in Frage.


Tabelle 1:   Bis zu welchem Jahres-Brutto-Einkommen lohnen sich Riester-Zulagen?
                  Ab welcher Einkommensgrenze bringt die "nachgelagerte Besteuerung" mehr?

Anzahl Kinder Höhe der
Riester-Zulagen
(bis 31.12.2017)
Singles ohne Kind,
Alleinerziehende mit Kindern
Verheiratete
(ein Riester-Vertrag)
Einkommensgrenzen ohne Kinder
 0 154 Euro 12.000 Euro 22.000 Euro
Einkommensgrenzen, wenn Kinder vor 2008 geboren sind
  1 339 Euro 16.000 Euro 26.000 Euro
  2 524 Euro 37.000 Euro 49.000 Euro
Einkommensgrenzen, wenn Kinder ab 2008 geboren sind
  1 454 Euro 19.000 Euro 31.000 Euro
  2 754 Euro 50.000 Euro 74.000 Euro
Quelle: Brutto-Netto-Rechner von Focus online, eigene Berechnungen. Abgerundet. Alle Angaben ohne Gewähr.
Unterstellt wurde, dass jeweils die höchstmögliche Förderung erzielt wird. Für Riester-Renten werden also (mindestens) 4 Prozent des Bruttoeinkommens abzüglich Zulagen an Beiträgen gezahlt, für die nachgelagerte Besteuerung wird der bei Riester-Renten geförderte Höchstbetrag von 2.100 Euro pro Jahr gezahlt.
Weitere Annahmen:
- Steuerjahr 2015, Kirchensteuer, Bundesland: Baden-Württemberg, GKV-versichert, 0,9 Prozent Zusatzbeitrag GKV.
- Keine Freibeträge, keine sonstigen Beiträge zur Zusatzvorsorge, keine Dienstwagen oder sonstige Geldwerte Vorteile.
- Singles ohne Kind: Steuerklasse I. Steuerklasse II bei Alleinerziehenden mit Kind(ern).
- Verheiratete: Steuerklasse III/V. Riester-Vertrag des Ehepartners mit Steuerklasse III mit zugehörigen Kinderzulagen. Kein Ehepartner-Riestervertrag des Partners mit geringerem Einkommen, bei dem dann nur die Grundzulage anfallen würde.

Fazit

Ergebnis: Für Sparer mit a) mittlerem oder hohen Einkommen, die b) keine zwei oder mehr Kinder haben, die ab 2008 geboren sind, gibt es bessere Fördermöglichkeiten als die Riester-Zulagen. Sie sollten in jedem Fall prüfen, ob eine selbst bezahlte betriebliche Altersvorsorge in Frage kommt. Denn die staatliche Förderung über die nachgelagerte Besteuerung ist in diesen Fällen höher als die Riester-Zulagen. Gleichzeitig zwacken die Versicherungen bei diesen Vorsorgeformen von Ihren Vorsorgebeiträgen deutlich weniger für die Abschluss- und Verwaltungskosten ab als bei Riester-Renten. Dann lässt sich aber mit denselben Vorsorgebeiträgen bei selbst bezahlter betrieblicher Altersvorsorge ein höheres Vorsorgevermögen ansparen als mit Riester-Renten.

Außerdem müssen Sie sich als Riester-Sparer um die Riester-Förderung aktiv kümmern. Dazu müssen Zulagen-Anträge ausgefüllt und regelmäßig aktualisiert werden. Vielen Riester-Sparern ist das zu kompliert; sie verzichten lieber auf die Zulagen. Wer aber auf die Zulagen verzichtet (und die Riester-Beiträge auch nicht bei der Steuer absetzt), kann auch gleich eine "normale" Rentenversicherung abschließen und aus seinem Netto-Einkommen bezahlen. Vorteil: Bei einer solchen Rentenversicherung fallen in der Regel geringere Kosten an als bei der Riester-Rente.

"Riestern" lohnt sich nicht immer. Die Förderung kann sich aber für Sparer lohnen, die a) ein geringes Einkommen haben, b) zwei oder mehr Kinder haben, insbesondere wenn diese ab 2008 geboren sind, und c) bereit sind, regelmäßig "Papierkram" zu erledigen.