Altersvorsorge planen, Schritt 2:
Bedarfsanalyse - was brauche ich im Ruhestand?

Altersvorsorge planen: Bedarfsanalyse - wie viel Geld brauche ich im Ruhestand?

Das ist in der Tat die entscheidende Frage. Einerseits entfallen im Ruhestand berufsbedingte Kosten (Fahrtkosten, Kleidung) und die Beiträge zur Altersvorsorge. In der Regel haben Haus- oder Wohnungsbesitzer bis zum Ruhestand auch ihre Hypotheken getilgt und Eltern müssen ihre Kinder nicht mehr finanziell unterstützen. Andererseits kann es sein, dass die Ausgabenwünsche im Ruhestand steigen, weil mehr Zeit für Reisen oder Hobbies bleibt. Oder dass zusätzliche Ausgaben anfallen, weil Pflegebedürftigkeit auftritt. Allgemein wird aber davon ausgegangen, dass per Saldo im Ruhestand weniger Geld gebraucht wird. Fragt sich nur: Wie viel?

Pauschale Schätzung mit der 70-Prozent-Faustregel

Eine Faustregel lautet: 70 Prozent des letzten Nettoeinkommens. Diese Faustregel ist wesentlich besser als gar keine Einschätzung, aber wesentlich schlechter als eine individuelle Schätzung. Dabei ist eine individuelle Schätzung gar nicht so schwer: Ausgangspunkt sind die aktuellen Ausgaben pro Monat, die in einem ersten Schritt nach Ausgabenblöcken zusammengefasst werden (um einen Überblick über die Ausgaben zu bekommen, hilft ein Haushaltsbuch). In einem zweiten Schritt wird jeder Ausgabenblock daraufhin durchgegangen, wie sich dieser im Ruhestand voraussichtlich verändern wird:

Individuelle Schätzung auf Basis der aktuellen Ausgaben

Erfassen Sie die jeweiligen Euro-Ausgaben pro Monat in einer Tabelle und zählen Sie sie über alle Ausgabenblöcke zusammen – fertig ist die Schätzung des individuellen Ruhestandsbedarfs. Das Thema Inflation und Preissteigerung können Sie dabei getrost ignorieren, das kommt später noch. Um die aktuellen Ausgaben und die Ruhestands-Ausgaben vergleichen zu können, wird im Moment alles in heutigen Preisen geschätzt.


Tabelle 1: Abschätzung des Ruhestandsbedarfes mit Hilfe der aktuellen monatlichen Ausgaben

Höhe der Ausgaben, pro Monat in Euro ...
Ausgabenblöcke ... aktuell
(also ggf. mit Kindern)
... im Ruhestand
(ohne Kinder)
  Lebenshaltungskosten (Essen, Kleider, Köperpflege, etc.) Details
  Wohnen (Miete, Nebenkosten, Hausgeld, Darlehen) Details
  nur für PKV-Versicherte: private Krankenversicherung Details
  sonstige Versicherungen Details
  Telefon, Radio, TV, Internet
  Auto, Mobilität
  Anschaffungen (auch über Ratenzahlungen), Reparaturen
  Hobbys, Freizeit
  Urlaub, Reisen
  Sonstiges
  (Ruhestands-) Bedarf insgesamt
(Summe über alle Ausgabenblöcke)
Darstellung in Anlehnung an: Verbraucherzentrale NRW (2014): Altersvorsorge richtig planen. Die besten Strategien für Ihre finanzielle Absicherung. 2. Auflage, S.55

Natürlich geht es an dieser Stelle lediglich um Schätzungen der vermutlichen Ausgaben im Ruhestand - wer kann schon den tatsächlichen Ruhestandsbedarf Jahre oder Jahrzehnt vor dem Rentenbeginn genau beziffern? Für eine angemessene Vorsorgeplanung sind solche Schätzungen daher genau das Richtige.

Individuelle Schätzung: Erläuterungen zu den Ausgabenblöcken
  • Lebenshaltungskosten
    Dazu gehören Ausgaben für Essen, Kleider, Köperpflege, etc. Insbesondere bei Familien werden diese Ausgaben im Ruhestand meist deutlich geringer ausfallen, weil bis dahin die Kinder ausgezogen sind und ihren Lebensunterhalt selbst finanzieren.
  • Wohnen
    Auch hier gilt insbesondere für Familien, dass die Ausgaben deutlich oft deutlich geringer ausfallen, wenn die Kinder aus dem Haus sind und eine kleinere Wohnung/ein kleineres Haus gemietet werden kann. Eigentümer einer selbst genutzten Immobilie, die im Ruhestand in ihren eigenen vier Wänden wohnen bleiben möchten, können zwar ihre Ausgaben nicht über eine geringere Wohnfläche reduzieren. Wie bei den meisten Wohneigentümern sind aber auch bei ihnen in der Regel bis zum Ruhestand die Hypotheken abbezahlt, so dass die Ausgaben für Zins und Tilgung entfallen. Das heißt allerdings noch lange nicht, dass für Wohneigentümer keine Wohnkosten mehr anfallen – vielmehr ist das häufig unterschätzte Hausgeld zu berücksichtigen (also Kosten für Wasser, Heizung, Müllabfuhr etc. sowie Verwaltungskosten und Instandhaltungsrücklage). Im Durchschnitt ist dabei mit knapp 4 Euro pro Quadratmeter und Monat zu rechnen. Die Spanne ist dabei aber beträchtlich: Je nach Immobilie kann das Hausgeld nach Angaben von »Immobilienscout24 die Hälfte bis das Doppelte dieses Durchschnittswertes betragen.
  • private Krankenversicherung
    Dieser Ausgabenposten ist nur für privat Krankenversicherte relevant – und einer der wenigen Kostenblöcke, die im Alter in der Regel nicht sinken, sondern (kräftig) steigen. Wenn diese Kostensteigerung besonders drastisch ausfällt und auch ein Tarifwechsel innerhalb der privaten Krankenversicherung nicht weiterhilft, bleibt nur noch ein Wechsel in den „Basistarif“. Dieser sieht Leistungen wie in der gesetzlichen Krankenversicherung vor (aber keine beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern) und ist auf den Höchstbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung gedeckelt. Das entspricht 639,38 Euro/Monat (2015). Diesen Höchstbetrag sollten Selbständige und freiwillig privat Versicherte zur Schätzung der Ausgaben im Ruhestand auch ansetzen; bei Beamten mit einem Beihilfesatz von 70 Prozent im Ruhestand reichen 30 Prozent dieses Höchstbetrages aus. Entlastung gibt es bei Familien mit privat versicherten Kindern an anderer Stelle – bis die Eltern im Ruhestand sind, zahlen die Kinder ihre Krankenversicherungsbeiträge meist schon längst selbst.
  • sonstige Versicherungen
    Im Ruhestand können Sie sich die Beiträge zu allen Versicherungen sparen, mit denen Sie während des Berufslebens ihre Berufsfähigkeit abgesichert oder für den Ruhestand gespart haben: Die Beiträge zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung entfallen ebenso wie die Beiträge zu Kapitallebens-, Riester, Rürup- oder sonstige Rentenversicherungen.